Arbeitszeugnis meiner Urgroßmutter, 1918

Sicherlich haben sich Arbeitgeber_innen auch vor knapp 100 Jahren schon den Kopf zerbrochen bei der Frage, was sie ihren Angestellten ins Arbeitszeugnis schreiben sollen. Das wird nicht viel anders gewesen sein als heute – jedoch mit dem Unterschied, dass es damals noch keine codierte „Zeugnissprache“ gab und keine vorgefertigten Textbausteine.

Ein handschriftlich verfasstes Arbeitszeugnis, in Kurrent geschrieben.
Das Zeugnis im Original.

Hier sehen Sie ein in Kurrentschrift verfasstes Zeugnis, das meine Urgroßmutter 1918 für ihre Arbeit als Köchin erhalten hat. Ein Zeugnis, das zwar einige Schreibfehler enthält (die Autokorrekturfunktion war ja leider noch nicht erfunden 😉 ), das aber sehr wohlwollend geschrieben ist:

Waltrop, den 1. Nov 1918

Zeugnis

Fräulein Lilli Düllmann aus Fley bei
Hagen war vom 1.Nov 1916 bis 1.Nov 1917 hier als
Lehrköchin, und von da ab bis zum 1.Nov 1918 als
Stütze tätig. Sie hat sich während diese Zeit sehr
gut geführt, und sich durch Fleiß u Ehrlichkeit
ausgezeichnet. In der Bürgerlichen wie in der
feineren Küche wußte Sie gutes mit Sparsamkeit
bestens zu verbinden, und war auf Ordnung u
Reinlichkeit bestens bedacht. Sie war ein
Muster ihren Untergebenen und bei den Kinder
sehr beliebt u geachtet. Wir sehen Sie somit
ungern scheiden. Es soll mir ein Vergnügen
sein Sie als vertrauenswürdige brave und
friedliche Person zu empfehlen, und wird
mit den hier erworbenen Kentnissen für
ihr späteres Leben entlassen

Achtungsvoll
Frau Jos. Schlüter
geb. Schulte Oer.

(Schreibfehler und Zeilenumbrüche wie im Original)